Erfahrung und Wissenschaft in der Medizin
Ein Homöopathie-Bekenntnis auf der Webseite der Berliner Charité löst eine Diskussion darüber aus, welche ärztliche Methoden überhaupt seriös angewendet werden dürfen. Das Bekenntnis wurde nun gelöscht. Auch die Universitätskinderklinik in München, das von Haunersche Kinderspital, setzt schon seit zwei Jahrzehnten auf die Homöopathie als begleitende Methode und wird deswegen scharf angegangen. Findet in der täglichen Praxis nur Medizin statt, die nach den Regeln der Evidenzbasierten Medizin (EbM) – einer beweisgestützen Medizin – erbracht wird? Der Anschein soll zumindest erweckt werden, die evidenzbasierte Medizin stelle die Norm in Praxis und Krankenhaus dar. Doch wie weit sie verbreitet ist, weiß scheinbar niemand so genau. Wir haben nachgefragt: Die Bundesärztekammer (BÄK) beantwortet diese Frage „zuständigkeitshalber“ nicht und verweist an die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die geht davon aus, dass in den meisten Fällen niedergelassene Ärzte Therapien und Maßnahmen der evidenzbasierten Medizin anwenden, der Hausärzteverband hat keine Zahlen und möchte sich nicht in „Spekulationen“ ergehen. Praktiker hingegen wissen, in der hausärztlichen Versorgung zählt viel mehr die Erfahrung des Arztes. Die Hufelandgesellschaft schätzt, das rund 60.000 Ärztinnen und Ärzte Methoden der Komplementärmedizin anwenden. „Was Ärzte machen, ist insgesamt vielleicht zu 20 Prozent evidenzbasiert“, sagt Prof. Andreas Michalsen von der Charité im Tagesspiegel. “Wenn man alles, was nicht evidenzbasiert ist, sondern nur erfahrungsbasiert, verbieten oder aus dem Leistungskatalog nehmen würde, könne man die gesamte Chirurgie zumachen“, heißt es dort weiter.
Aber eins hat die Anti-Homöopathie-Kampagne bereits erreicht: Im universitären Bereich traut sich keiner mehr Studien zur Homöopathie anzufertigen, berichtet Prof. Michalsen. In einem Gastkommentar im Berliner Tagesspiegel ärgert sich der Hausarzt Erich Freisleben, ein Berliner Internist, darüber, dass Naturheilverfahren immer die fehlende Evidenz vorgeworfen würde, man aber bei anderen Fachgebieten nicht mit gleichem Maßstab messe. “Wenn laut Umfragen 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung ergänzende komplementäre Behandlungsmethoden befürworten, beruht dieses Ergebnis vor allem auf guten Erfahrungen. Dies trifft auch auf die Homöopathie zu, sonst hätte sie sich nicht über 200 Jahre als beliebtes Verfahren erhalten und würde auch nicht von tausenden Ärzten eingesetzt”, schreibt Freisleben in seinem Kommentar.
Neben den Wünschen der Patienten und der Erfahrung der Therapeuten gehört ganz klar die Forschung, das sind die drei Elemente der evidenzbasierten Medizin. Hier muss sich die Homöopathie nicht verstecken. Die Studienergebnisse sprechen eindeutig für eine Wirksamkeit der Methode. Aber: es wird noch viel zu wenig geforscht. Eine öffentliche Forschungsförderung gibt es nicht und dies steht im starken Widerspruch zum öffentlichen Interesse an der Homöopathie.
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